Fotografie und Bildmanipulation sind untrennbar miteinander verbunden

In meinen Fotokursen und auch in Gesprächen mit anderen Fotografen spielt das Thema Bildbearbeitung und Bildmanipulation natürlich immer wieder eine Rolle. Dabei stehen viele der Bildbearbeitung eher skeptisch gegenüber. Dabei gehört die Bildbearbeitung bereits von Anfang an zur Fotografie.


Fotografie ist nie frei von Manipulation


Bereits durch die Entscheidung über den festzuhaltenden Moment und die Wahl des Bildausschnitts wird das Bild „manipuliert“, denn der Fotograf entscheidet was überhaupt auf ´zu sehen sein wird. Eine weitere Manipulation wird anschließend durch die Festlegung von Fokuspunkt, Blende, Belichtungszeit und weiteren technischen EInstellungen der Kamera vorgenommen. Die Wahl der Kamera, der Objektive, des Films, des Fotopapiers, der Chemikalien, unglaublich viele Faktoren spielen bei der Bildaufzeichnung eine Rolle. Denkt man allein an die Entscheidung über Schwarzweiss oder Farbe, wird schon klar, wie schnell wir ins Bild eingreifen und es damit manipulieren.

Doch allein durch das Drücken des Auslösers entsteht noch kein Bild. Früher stand vor dem fertigen Bild das belichtete, aber unentwickelte Negativ, seitdem sich die digitale Fotografie in den meisten Bereichen durchgesetzt hat, steht vor dem fertigen Bild die unentwickelte RAW Datei. In beiden Fällen muss aus den aufgezeichneten „Daten“ zunächst ein Bild entwickelt werden. Zu analogen Zeiten stand der Fotograf in der Dunkelkammer und entwickelte zunächst das Negativ und darauß im Anschluss das Foto. Die Einflussmöglichkeiten waren schon damals nicht geringer als heute. Heutzutage schließt sich der Fotograf nicht mehr für Stunden in einen abgedunkelten Raum ein, die digitale Bildbearbeitung hat vieles vereinfacht, aber nur wenige Photoshop-Funktionen sind tatsächlich neu, vieles war bereits zu den Anfängen der Fotografie möglich und wurde auch gemacht.

Die Bildbearbeitung oder auch die Bildmanipulation ist also fest mit der Fotografie verbunden, natürlich in unterschiedlicher Intensität. In manchen Fällen geht es um kleinere Schönheitsreparaturen, manchmal geht es darum Beschädigungen des Originals zu reparieren und in einigen Fällen auch um gezielte veränderung einer Bildaussage.


Die Geschichte der Bildbearbeitung


Als Louise Daguerre 1839 sein Bild vom „Boulevard du Temple“ veröffentlichte und damit den offiziellen Startpunkt für die Fotografie setzte, war es sehr schnell üblich mit Kohle die Kontrastlinien des Bildes nachzuzeichen und Kontraste zu verändern. Flächen wurden geschwärzt oder Inhalte gar ausradiert, bevor dann ein Papierabzug erstellt wurde.

Bereits 1855 wurden bei der zweiten Weltausstellung in Paris die Möglichkeiten der Bildretusche bei Portraits vorgestellt. Es konnten geschlossene Augen durch die Möglichkeiten der Manipulation am Negativ so dargestellt werden, dass sie wieder geöffnet waren, Köpfe ausgetauscht und Inhalte der Bilder verändert werden. Bei Photoshop arbeiten wir heute mit Ebenen, in der Geschichte arbeitete man mit Doppelbelichtungen und Negativüberlagerungen, um gezielte Bildkompositionen zu erstellen. Es gab eine Vielzahl von Möglichkeiten.

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Complete Self-Instructing Library Of Practical Photography


Der Fotograf J.B. Schriever schrieb 1868 (veröffentlicht 1908) ein umfassendes Werk mit dem Titel „Complete Self-Instructing Library Of Practical Photography“. Ein zentrales Werk der Fotografietechnik mit Anleitungen zur Lichtsetzung, Bildaufbauf und Hinweisen zu Problemstellungen.

Im zweiten Band „Negative developing and after-manipulation“ werden grundlegende Techniken zu Bildmanipulation dargestellt und beschrieben. Keine 100 Jahre nachdem die Fotografie ihre ersten Schritte machte, gehörte die Manipulation und Bildretusche direkt am Negativ bereits fest zum Repertoire der Fotografen.

Schriever beschreibt in seinem Werk verschriedene Techniken, wie das Bemale und das Radieren von Negativen, Schönheitsretuschen bei Portraits und auch weitergehende Techniken, um beispielsweise aus einem Portrait eine Büste zu machen.


Gezielte Manipulation zur Meinungsbildung


Es dauerte auch nicht lange, bis Bilder gezielt verändert wurden, um politische Meinungen zu bilden und Berichterstattungen gezielt zu verfälschen. Menschen vertrauen ihren Augen und wenn es ein Bild gibt, dann „muss“ das auch so gewesen sein.

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Dieser meist politisch motivierten Manipulation verdankt die Bildbearbeitung ihren schlechten Ruf. Ob absichtlich verfälscht, um die Bildaussage zu verändern oder einfach nur aufgehübscht, um technische Fehler zu korrigieren bzw. physikalische Grenzen zu überwinden, bereits vom Begin der Fotografie an, waren die Möglichkeiten der Bildmanipulation vielfältig und wurden auch immer genutzt. Die digitale Technik hat diese Möglichkeiten lediglich vereinfacht!